Bowron Lake Canoe Circuit gehört zu den bekanntesten und auch beliebtesten Kanutrips weltweit. Nachdem wir im September 2020 den Clearwater Lake im Wells Grey Provincial Park mit einem Kanu erkundigt haben, wagen wir uns in diesem Jahr auf den 116 Kilometer langen Kanutrip durch die beeindruckendste Landschaft, die ich je elebt habe. Ein Reisebericht mit Tipps und Tricks!
- Wissenswertes vor dem Canoe Circuit
- Tag 1 – Vorbereitungen, Portagen, Kibbee Lake und Indianpoint Lake
- Tag 2 und 3 – Isaac Lake
- Tag 4 – Isaac River, McLeary Lake, Cariboo River und Lanezi Lake
- Tag 5 – Sandy Lake, Babcock Creek, Babcock Lake, Skoi Lake, Spectacle Lakes und Portagen
- Tag 6 – Swan Lake, Bowron River, Bowron Lake und eine Elchkuh mit Kalb
- RiTicolo und der Bowron Lake Provincial Park Canoe Circuit auf Instagram
Wissenswertes vor dem Canoe Circuit
Viele der folgenden Infos stammen aus der Broschüre des Provincial Parks.
Mücken nerven!
Das ist an sich nichts Neues. An und auf den 12 Seen des Bowron Lake Canoe Circuit wird jedoch der Geduldsfaden eines jeden Kajak- oder Kanuabenteurers innerhalb von wenigen Minuten zerstochen. Daher ist das wohl wichtigste Accessoire für den Trip der Mückenschutz – egal, in welcher Form.
Wetter, Wetter, Wetter!
Jeder weiß, dass es nichts unberechenbareres gibt als das Wetter. Das gilt auch im Bowron Lakes Provincial Park. Daher ist es wichtig, zu jeder Zeit auf einfach alles vorbereitet zu sein. Auf Regen folgt Sonnenschein und wieder Regen und wieder Sonnenschein – innerhalb von Minuten.
Timing!
Für den gesamten Trip sollte man zwischen sechs und zehn Tagen einplanen. Mit dem eigenen Kanu oder Kajak hat man zehn Tage Zeit. Wer sich ein Kanu oder Kajak vor Ort mietet, erhält eine Zeitvorgabe vom Anbieter. Wir haben direkt im Bowron Lake Provincial Park gemietet und hatten daher 7 Tage Zeit.
Kommunikation
Im gesamten Provincial Park gibt es keinen Empfang für Mobilfunkgeräte. Damit man sich im Notfall aber verständigen kann, sind auf dem Canoe Circuit sechs Notfall-Telefone (Emergency Radios) platziert. Diese dienen im Fall der Fälle zur Meldung eines Notfalls.
Bekleidung
Kleidung aus Polyester und Wolle macht sich auf diesem Trip am besten, da sie Feuchtigkeit vom Körper weg transportiert und warm hält. Kleidung aus Baumwolle und Jeans vermeiden. Badesachen nicht vergessen, da einige Seen durchaus zu einer Abkühlung an heißen Tagen einladen.
Portagen
Portagen sind die Strecken zwischen den Seen, die das Boot über Land transportiert werden muss. Das kann manuell erfolgen, also das Kanu getragen werden, oder auf einem Cart, einer einfachen Konstruktion, auf der das Boot platziert und über die Portage gezogen wird.
Portagen machen nur acht Prozent der gesamten Strecke des Bowron Lake Canoe Circuit aus. Allerdings sind das acht Prozent in Form eines intensiven Ausdauertrainings. Damit der Transport über Land etwas leichter wird, gibt es ein paar Dinge zu beachten:
- Das Boot so auf dem Cart platzieren, dass der vordere Befestigungsriemen des Carts direkt auf der Mittelstrebe des Kanus fixiert werden kann.
- Die zugelassenen Taschen so in das Boot laden, dass deren Gewicht sich auf den Bereich hinter der Mittelstrebe des Kanus und somit direkt auf das Portage-Cart verteilt.
- Die Zuladung so platzieren, dass das Kanu ausbalanciert ist. Hebt es dafür an Ende oder Front an und positioniert eventuell einige Taschen um.
- Die Zuladung mit einer Plane abdecken, damit sie bei Regen nicht nass wird.
Tag 1 – Vorbereitungen, Portagen, Kibbee Lake und Indianpoint Lake
Der erste Morgen beginn feucht. Es hat die Nacht hindurch geregnet und auch am Morgen Trommeln noch immer dicke Regentropfen gegen das Zeltdach. Also rein in die Regenhose und die Regenjacke und ab geht es.
Anmelden für den Canoe Circuit
Bevor es losgehen kann, muss man sich bei der Park-Registration anmelden. So weiß BC Parks, wieviele Personen auf den Seen unterwegs sind. Anmelden kann man sich, wenn man zuvor online den Trip gebucht hat. Wir haben den Trip online gebucht und die anfallenden Gebühren bezahlt:
- Gebühr für die Nutzung des Parks: CAD 60 pro Person
- Gebühr für die Nutzung eines Kanus oder Kajaks: CAD 18 pro Boot
Diese Gebühren gelten für die Nutzung des Parks. Hier ist die Miete für ein Kanu oder Kajak nicht enthalten, da viele Besucher ihre eigenen Boote nutzen. Es gibt aber zahlreiche Anbieter direkt am Bowron Lake. Unser Kanu und das dazugehörige Radgefährt erhalten wir direkt vom Kanu-Mann an der Registrierung. Wird haben für die Miete unseres Kanus für sieben Tage in Summe CAD 290 plus Steuern bezahlt:
- Kanu: CAD 250 + Tax
- Cart für Portage: CAD 40 + Tax
Weiterreichende Informationen zu Preisen und Bedingungen findet man in der Broschüre des Bowron Lake Provincial Park Canoe Circuit. Bei der Registrierung kaufen wir für CAD 5 eine laminierte Karte des Bowron Lake Canoe Circuit. So ist sichergestellt, dass wir jederzeit wissen, wo es langgeht.
Wiegen der erlaubten Kanuzuladung
Nach der Registrierung und nach Inempfangnahme des Kanus für die nächsten sieben Tage geht es zur Waage. Es werden aber nicht die Teilnehmer gewogen, sondern die Dinge, die man während der Portagen im Boot belassen will. Damit die Wege und die Natur im Provincial Park nicht beschädigt werden, gilt ein Maximalgewicht für die Zuladung des Kanus. Alles was über die zulässigen 27 Kilogramm hinausgeht, muss per Hand oder auf dem Rücken transportiert werden.
An der Waage wird genau festgehalten, welche Taschen oder Kisten beim Transport über Land im Boot verbleiben dürfen. Die Information kommt auf einen Zettel, der wird laminiert und am Boot befestigt, damit die Ranger auf dem Circuit jederzeit kontrollieren und nachvollziehen können, was man im Boot haben darf. Und es wird kontrolliert, also no cheating! Sobald wir den Zettel am Boot befestigt haben dürfen wir los.
Kibbee Lake
Nachdem wir uns mit dem vollgepackten Kanu die erste Anhöhe am Registration Center hochgeschleppt haben – erste Pause – puuuh –, bewältigen wir den Rest der 2,8 Kilometer langen ersten Portage. Hier ist eine Kombination aus Ausdauer und Kraft gefragt, beides stark ausgeprägte Kernkompetenzen von uns beiden. Der leichte Regen hat sich zwischendrin übrigens zu einem konsequenten Plätschern mit dicken Tropfen gemausert. Man möchte meinen, dass auch die Mücken durch den Regen etwas weniger aktiv werden – weit gefehlt. Die Tierchen sind in Topform und versammeln sich zu viert auf unseren bereits zerstochenen Handrücken.
Am Ende der Portage erwartet uns aber das erste Wow-Erlebnis in Form einer kleinen idylischen Bucht in Sumpfland, umgeben von dichtem Wald.
Kibbee Lake ist der erste von 12 Seen des Bowron Lake Canoe Circuit und nur knapp 2,4 Kilometer lang. So können wir langsam wieder in die Ruderroutine kommen: Tilo sitzt vorne und paddelt für Geschwindigkeit, Rico sitzt hinten und steuert das Boot mit sicherem C- und J-Zug über die Wasseroberfläche. Über den Kibbee Lake paddeln wir einfach geradeaus hinweg. Am anderen Ende sehen wir schon weit die Markierung für die Portage. Dort treffen wir auch auf eine Gruppe von Campern: vier Erwachsene mit drei kleinen Kindern. Ihnen werden wir auf dem Trip noch einige Male begegnen. Sie haben hier ihre erste Nacht vollbracht.
Indianpoint Lake
Über die zweite Portage gelangen wir – es regnet noch immer Mücken – zum Ufer des Indianpoint Lake. Laut oben erwähnter Karte gibt es auf der linken Seeuferseite ein Woodlot. An Woodlots stellt BC Parks Holzklotze zur Verfügung, die man dann am Abend spalten kann, um sich ein Feuer zu machen. Wir machen uns also auf den Weg, den Indianpoint Lake gegen den Uhrzeigersinn zu erobern – gleichzeitig erobert der Regen unser Kanu. Holz erobern wir übrigens nicht, da wir die Karte offenbar falsch gedeutet haben. Leider gibt es auf der Südseite des Sees nicht nur kein Woodlot, sondern auch keine Campingplätze. Die liegen alle auf der Nordseite. Zu den Regentropfen hat sich mittlerweile ein recht beachtlicher Wind gesellt, und das Nordufer scheint damit weit entfernt. Wir paddeln daher noch am ersten Tag den kompletten See ab: 6,4 Kilometer.
Die Portage vom Indianpoint Lake zum Isaac Lake ist etwas versteckt hinter einer – selbst in strömendem Regen – berauschend schönen Sumpflandschaft. Orange Markierungen weisen uns den Weg durch den sumpfigen Flusslauf. Am Ende des Indianpoint Lake bin ich ziemlich am Ende, was an Hunger, Durst und Kälte liegt. Also erstmal etwas Warmes essen. Während wir wärmenden Couscous, Tee und Kaffee zu uns nehmen, legt eine Gruppe von vier jungen Männern in zwei Kanus an. Sie haben keine Portage-Carts und somit das große Glück, nicht nur sämtliches Gepäck, sondern auch beide Kanus auf dem Rücken die schlammigen 2,8 Kilometer entlang zu tragen. Wir bedauern die vier, beschliessen, die Portage auch noch in Angriff zu nehmen und am ersten Campingplatz am Isaac Lake unser Nachtlager aufzuschlagen. Auf der Portage versinkt das Kanu mehrmals im Schlamm und meine Schuhe erhalten eine vortreffliche Schlammpatina. Ein echter Spaß für alle Beteiligten.
Campground 12 ist der auserwählte Ort, den wir – mittlerweile nassen Pudeln ähnelnd – ansteuern. An Land entpacken wir das Kanu und genießen die Sonnenstrahlen, die sich durch die dicke Wolkendecke kämpfen. Wenig später wird es hell und die Sonne kommt noch einmal hervor, so dass wir auf der aufgespanten Leine unsere Schuhe, Handschuhe, Regenjacken und Regenhosen tocknen können. Hätten wir das vorher gewusst, dass die Sonne herauskommt, sobald wir anlegen! Das Zelt steht, die Hängematte hängt und wir mampfen unser Abendessen und genießen den Ausblick auf den Isaac Lake.
Tag 2 und 3 – Isaac Lake
Frühstücken und Entspannen
Der Morgen des zweiten Tages begrüßt uns mit tief über dem Isaac See waberndem Nebelschwaden. Doch es dauert nicht lange und der Himmel klart auf. Sonnenstrahlen kämpfen sich durch und schon bald ist der Campingplatz in wärmendes Sonnenlicht getaucht. Wir frühstücken gemütlich und machen uns dann wenig später auf den Weg, den atemraubend schönen 6,8 Kilometer langen Westteil des Isaac Lake zu geniessen.
Im Gegensatz zu den feuchten und windigen Erfahrungen des ersten Tages, präsentiert sich der Isaac Lake vor einem wolkenfreien Himmel und mit spiegelglatter Oberfläche. Kein Wind scheint die See zu bewegen und so nehmen wir die Paddel in die Hand und machen uns auf. Die erste Nacht haben wir an Campingplatz 12 verbracht, also nehmen wir uns vor, die zweite Nacht an Platz 20 oder 21a zu verbringen.
Westarm des Isaac Lake – 6,8 km
Wir stechen gegen 10.45 Uhr in See und gleiten sanft über den Westarm des Isaac Lake. Auf dem Weg sammeln wir noch ein wenig Holz an einem der Woodlots entlang des Ufers ein. Genau auf der Ecke des Isaac Lake liegen die Campingplätze 15 und 15a. Von hier aus haben wir einen grandiosen Blick auf den knapp 31 Kilometer langen Hauptarm des Isaac Lake und das sich an dessen Ufer und jenseits des Horizonts ausbreitende Panorama. Mit offenstehenden Mündern verspeisen wir gegen 12.00 Uhr unser Mittag.
Hauptarm des Isaac Lake – 31,2 km
Nach dieser Stärkung wagen wir uns gegen 13.00 Uhr wieder auf die Fluten und paddeln an der Ostseite des Isaac Lake entlang, auf der Suche nach einem Campingplatz für die Nacht. Einige Campingplätze rund um die Seen des Bowron Lake Canoe Circuit bieten kleine Schutzhütten, in denen man bei schlechtem Wetter Unterschlupf finden kann. Eine solche finden wir am Platz 18. Der Platz ist eingebettet in ein weitläufiges Bachdelta voller heller Kieselsteine und bietet uns eine kurze erfrischende Snackpause auf dem Weg – 14.45 Uhr.
Der Hauptarm des Isaac Lake beginnt an oben genannten Plätzen 15 und 15a und umfasst eine Strecke von knapp 31 Kilometern. Diesen Teil des Bowron Lake Canoe Circuit bewältigen die Meisten am dritten oder gar erst am vierten Tag. Wir haben uns vorgenommen, unser Nachtlager auf Platz 20 oder 21a aufzuschlagen, da wir dann etwa ein Drittel des Westarms bereits vorangekommen wären. So verlassen wir den idyllisch gelegenen Platz 18 mit seiner Unterkunft und paddeln gegen 15.30 Uhr weiter. Spätestens um sechs wollen wir dann unser Zelt aufschlagen und noch etwas in der Hängematte ausruhen.
Als wir gegen 17.30 Uhr auf Höhe des Campingplatzes 20 angelangen – auch mit Unterkunft und reißendem Bachlauf ausgestattet – ist der bereits belegt. 21a liegt knapp vier Kilometer weiter. Probieren wir es dort. Voll. Fünf Kilometer weiter ist Platz 22 ebenfalls bereits belegt, so auch 23 und 24 – jeweils weitere vier Kilometer voneinander entfernt. Und so wird der so malerische See langsam aber stetig zum Feindbild. Knapp 4,5 Stunden nach unserem Aufbruch am Campingplatz 18 trudeln wir gegen 20.00 Uhr auf Campingplatz 25 ein. Den Teil mit der Hängematte haben wir uns nach den knapp 20 Kilometern aber auch wirklich verdient!
Entspannung auf Platz 28
Nach den Strapazen des zweiten Tages – siehe vorheriger Absatz – entscheiden wir uns dafür, es am dritten Tag etwas langsamer anzugehen – der Isaac Lake liegt ja nun im Grunde genommen so gut wie hinter uns. Gegen Mittag machen wir uns dann aber doch auf den Weg, da bereits einige der anderen Camper in ihren Kanus oder Kajaks an uns vorbeiziehen. »Wenn die uns jetzt alle überholen, haben wir das gleiche Problem wie gestern«, denken wir uns und peilen das Ende des Isaac Lake an, genauer gesagt den Campingplatz 28.
Die Fahrt bis zum Endes des Sees ist unfassbar entspannend und der traumhafte Ausblick auf die Berge entschädigt für alle Anstrengungen. Die Strecke zwischen 25 und 28 absolvieren wir in etwas mehr als zwei Stunden. Als wir auf dem letzten Campingplatz am Isaac Lake angelangen, sind wir die Einzigen. Also sichern wir uns den besten Platz und lassen den dritten Abend auf dem Bowron Lake Provincial Park Canoe Circuit gemütlich bei einem Feuer und einem ebenso feuerrot brennenden Himmel ausklingen.
Der Platz verfügt übrigens über sechs Campingspots plus fünf Campingspots für Gruppen. Diese Spots sind für Gruppen ab sieben Personen reserviert. BC Parks definiert für diese Gruppen bei der Registrierung genau, welche Campingplätze, wann anzusteuern sind. Damit ist also einerseits das Tempo vorgegeben, mit dem sich die Gruppe fortbewegen muss, andererseits sind aber auch die Nachtlager reserviert und man spart sich so ein Abenteuer wie wir es am Abend des zweiten Tages erlebt haben. So kommen auch später am Abend die vier Erwachsenen mit den drei kleinen Kindern auf dem Platz an. Offenbar ist es der Geburtstag eines der Kinder, denn in der Hütte auf dem Platz hängen bald festliche Girlanden, steht eine kleine Geburtstagstorte auf dem Tisch und es hallt ein »Happy Birthday« durch die Luft.
Tag 4 – Isaac River, McLeary Lake, Cariboo River und Lanezi Lake
Chute und Rollercoaster
Wir entspannen uns einmal so richtig intensiv, lassen die Seele baumeln und hadern mit uns, ob wir die Stromschnellen am Ende des Isaac Lake zu Fuss umgehen oder mit dem Boot bewältigen wollen. Worum es geht? Der Isaac Lake mündet in den Isaac River in Form von einem Strudel (Chute), turbulenten Stromschnellen (Rollercoaster) und Wasserfällen. Chute und Rollercoaster darf man als erfahrener Kanu- oder Kajakfahrer bewältigen und dabei eine Menge Spass haben. BC Parks empfiehlt jedoch explizit, die knapp 3 Kilometer lange Portage zu nehmen. Es gibt aber auch Wagemutige, die den Weg über den Chute wagen.
McLeary Lake
Wer die Mündung des Isaac Lake in den Isacc River zu Fuss oder per Boot überstanden hat, gelangt zum nur knapp einen Kilometer langen McLeary Lake. Wir machen uns am nächsten Morgen gegen 8.00 Uhr auf, die knapp 2,8 Kilometer lange Portage zu bewältigen. Eine Stunde später tauchen wir unsere Paddel in den McLeary Lake Auch wenn der See nicht groß erscheint, ist der Blick der sich uns offenbart gewaltig. Am Ende des McLeary Lake gibt es zwei Möglichkeiten: den Hauptkanal des Cariboo River oder die Sümpfe. Wir folgen dem Hauptkanal (Main Channel).
Cariboo River
Auf dem Cariboo River begegnen wir erstmals einer Strömung, die uns aber wohlgesonnen ist und gemächlich vorantreibt. BC Parks fordert von den Kanuisten bei der Fahrt über den Cariboo River besondere Vorsicht, da die flachen Wasser gespickt sind mit kleinen Felsen, im Wasser liegenden Baumstämmen und anderen Gefahren, die ein Kanu oder Kajak schlimmstenfalls zum Kentern bringen. Wir werden von alledem verschont und können uns vielmehr auf die wahrhaft piktorekse Landschaft konzentrieren. Es kommt mit stellenweise so vor, als paddeln wir durch ein Bob-Ross-Bild.
Lanezi Lake
Der Zufluss von Cariboo River in den Lanezi Lake scheint fast wie ein Vorbote auf das, was kommen wird. Die Strömung nimmt stark zu und bringt das Boot zum wanken. Die Navigation wird kurzzeitig schwieriger und auch das Paddeln vorne wird anstrengender. Doch all das ist nichts im Vergleich zu den Sturmböen, die über den Lanezi Lake fegen. Wir kämpfen uns über den See, halten uns nah an der Küste. Wellen schlagen gegen das Boot und bringen es zum wanken. Alles in allem eine abenteuerliches aber auch angsteinflössendes Erlebnis. 14,8 Kilometer ist der See lang, in unserer Erinnerung hat der Wind aber das Komma weggeblasen. Und so lautet das Fazit zum Lanezi lake ganz klar: grandiose Aussicht, aber ohne Genussfaktor.
Campgrounds
An der Küste des Lanezi Lake gibt es sechs Campingplätze. Nummer 34 dient uns gegen 11.00 Uhr als Anlegestelle für ein frühes Mittag. Dort gibt es auch eine kleine Hütte, in der wir uns vor der Sonne schützen können. Allerdings ist hier Vorsicht geboten, denn gemäss einer Schnitzerei auf dem Outhouse lebt hier der Boogie-Man! So berichten uns die vier Kanu-tragenden Männer von der Portage – wir erinnern uns? Was gibt es schon zu verlieren, denken wir uns und vertilgen die Mittagsmahlzeit ohne Heimsuchung oder andere Vorkommnisse.
Da es noch drei Campingplätze gibt, und es erst 11.00 Uhr ist, fahren wir weiter und steuern den Platz 35 oder 36 an. Ersterer ist vier oder fünf Kilometer entfernt, und nur eine halb aus dem Wasser ragende Feuerstelle lässt erahnen, dass er überhaupt existierte. Also geht es weiter auf tosenden Wellen in Richtung 36, der natürlich ebenfalls belegt ist. Gleiches gilt für die 37. Wir kennen das! Aber ehrlich gesagt, stört uns das nicht weiter, weil wir einfach nur von diesem windigen Bi*ch Lake runterwollen. Der zunehmende Wind lässt jeden Ruderschlag verpuffen und stellenweise haben wir das Gefühl, rückwärts getrieben zu werden. Mit vereinten Kräften schaffen wir es schließlich auf den Sandy Lake und erreichen gegen 16.30 Uhr den Sandstrand von Campground 37a. Unser Revier für diese Nacht.
Tag 5 – Sandy Lake, Babcock Creek, Babcock Lake, Skoi Lake, Spectacle Lakes und Portagen
Sandy Lake und Cariboo River
Der Sandy Lake mündet wieder in einen Flusslauf und setzt sich als Cariboo River fort. Wir stechen kurz nach 10.00 Uhr in See und geniessen die sanfte Fahrt über die anfangs fast spiegelglatte Wasseroberfläche. Auf dem Fluss kommt eine leichte Strömung hinzu, die uns aber auch mehr antreibt als entgegenwirkt. Auf dem Weg vom Sandy Lake zum Babcock Lake befindet sich der Unna Lake. Von dort aus kann man einen kleinen Fussmarsch bis zu einem beeindruckenden Wasserfall vornehmen. Wir entscheiden uns aber dafür, Unna Lake samt Wasserfällen zu ignorieren und direkt an der Abzweigung auf den Babcock Creek einzukehren. Dort wartet kurz hinter der Ranger-Station die erste der drei letzten Portagen auf uns. Die Portage erreichen wir gegen 11.15 Uhr.
Babcock Creek und Babcock Lake
Die Babcock-Creek-Portage ist 1,2 Kilometer lang und wird von Mücken bevölkert. Nie weniger als 20 dieser blutsaugenden Ungetüme umschwirren jeden von uns während des kurzen Stücks über Land. Ob das am leichten Nieselregen liegt oder einfach zum Gesamtpaket dazugehört, ist uns nicht ganz klar. Wir sprühen uns gegenseitig von oben bis unten mit dem Mückenspray ein, was nicht gegen das Schwirren hilft, aber die Mücken zumindest vom Landen abhält. Auf dem Pfad bemerken wir auffällig akurate Hufspuren und vermuten, dass dieser Weg auch von Elchen genutzt wird. Ob die sich auch so stark von Mücken belästigt fühlen, konnten wir in Ermangelung eines zu befragenden Elchs leider nicht herausfinden.
Babcock Lake an sich ist in der von uns gefahrenen Richtung eher unspektakulär, da die beeindruckenden Bergmassive hinter uns liegen. Der See ist aber auch Teil der Westroute des Bowron Lake Provincial Park Canoe Circuits. Wenn man sich keine ganze Woche oder gar zehn Tage Zeit nehmen kann oder will, kann man auch nur die Westseite des Circuit befahren. Dieser endet derzeit offiziell an der Portage Babcock Lake und Babcock Creek, erlaubt aber den Abstecher zum Unna Lake.
Skoi Lake
Zwischen Babcock Lake und Skoi Lake liegen 0,4 Kilometer Landweg. Ein Kinderspiel! Der Skoi Lake selbst ist auch nur 0,8 Kilometer lang. Wir schlängeln uns durch eine herrliche Sumpflandschaft mit saftigem Wassergras rechts und links der Fahrrinne. Mittlerweile hat es wieder leicht angefangen zu tröpfeln, weswegen wir uns am Ende des Skoi Lake gegen 13.00 Uhr mit Regenjacken und -hosen ausstatten, bevor wir die letzte Portage des Circuits zum Spectacle Lake angehen.
Spectacle Lake
Spectacle und Swan lake bilden eine 12,8 Kilometer lange Einheit. Hier steht vor allem der Spaß am Paddeln im Vordergrund und weniger die umgebende Landschaft. Ja, wir sind etwas verwöhnt von den Tagen am Isaac Lake. Denoch bietet auch der Spectacle Lake beeindruckende Ausblicke auf die hinter uns liegende Landschaft. Nur liegt die eben hinter uns und nicht mehr vor uns. Aber das alles trägt dem Genuß keinen Abbruch. Wir paddeln munter den See hinauf, der zwar stellenweise beunruhigend hohe, aber unerklärlich sanfte Wellen führt. Auch der mit derartigen Wellen zu erwartende Wind stellt sich nicht ein – zum Glück.
Gegen 15.00 Uhr landen wir an Campingplatz 48, der sowohl eine Schlafunterkunft, als auch einen Kochunterstand sein eigen nennt. Der Platz ist gross und liegt auf einer bewaldeten Halbinsel mit zahlreichen kleinen Wanderwegen, jeder Menge Platz für paddelmüde Camper und einer beeindruckend großen und aggressiven Mückenpopulation – auch auf dem Foto unten erkennbar. Kurz nach uns erreichen noch zwei andere Kanus den Platz. Und wenig später die Helden des Chute, die man weiter oben im Video sehen kann. Wir kommen ins Gespräch und freunden uns an. Gemeinsam lassen wir an einem perfekt brennenden Lagerfeuer – mückenvertreibender Rauch inklusive – den Abend gemütlich ausklingen.
Tag 6 – Swan Lake, Bowron River, Bowron Lake und eine Elchkuh mit Kalb
Swan Lake
Noch am Abend des fünften Tages – das Mückenspray hat den Geist aufgegeben – beschliessen wir, am nächsten Morgen bis zum Ende des Canoe Circuit zu paddeln. Genauer gesagt vom Campingplatz 48 aus über den Swan Lake, entlang der Pavich Island, durch Bowron River und entlang des Ufers des Bowron Lake bis zum Bowron Lake Registration Center.
Die den Swan Lake umgebende Landschaft ist wie geschaffen dafür, von Bären und anderen wilden Tieren belebt zu sein. Vermutlich ist sie das auch, aber bis auf über uns kreisende Weisskopf-Seeadler und hunderte von Libellen begegnen uns nur Schilder, die vor Grizzlys warnen.
Bowron River
Der Swan Lake verbindet den Bowron Lake mit dem gleichnamigen Fluss, dem Bowron River. Auch hier halten wir uns auf dem Main Channel, folgen den orangen Markierungen an Holzpfosten und lassen uns von der leichten Strömung manches Mal einfach treiben. Mich faszinieren diese Flussläufe, da man nie so genau weiss, was einen hinter der nächsten Flussbiegung erwartet. Das Wetter hingegen verhält sich wie erwartet: unberechenbar. Und dann passiert es, in dem Moment wo ich mir schon dachte »Ein Elch wäre schon schön gewesen, wenigstens einer«. Inmitten einer kleinen Bucht steht eine Elchkuh. Nicht weit von ihr entfernt im etwas höheren Gras und auch etwas näher an der Fahrrinne steht ihr Kalb.
Bowron Lake
Der Bowron Lake gibt dem Provincial Park und dem Canoe Circuit seinen Namen. Mehr als das ist ihm ehrlich gesagt auch nicht zuzurechnen. Im Vergleich zu den elf anderen Seen des Trips stinkt der Bowron Lake ab, zumal der windgeplagte See zwischen uns und dem Zielort steht. Tun wir ihm damit unrecht? Vielleicht ein wenig, aber wir sind uns einig, dass der Bowron Lake im Vergleich zu allen anderen Seen des Bowron Lake Provincial Park Canoe Circuit am wenigsten beeindruckt. Lediglich die gegen Ende des Sees am Ifer auftauchenden Privathäuser und Lodges sind beeindruckend. Wie es immer so ist, fühlen sich auch hier die letzten paar Meter am anstrengendsten an, zumal es gegen starke Winde anzukämpfen gilt, die uns frontal treffen. Aber wir schaffen es und kommen an – überglücklich darüber, einen der beliebtesten Kanutrips der Welt geschafft zu haben.
Eine Antwort auf „Bowron Lake Canoe Circuit – Ein Reisebericht“
Wunderbar beschrieben, all das Gleiche haben wir (wir waren zu dritt mit 2 Kanoes) erlebt, fast 1:1. Mücken, belegte Zeltplätze , Wind, Wellen etc etc Damals in 2020.
Mit dem Wetter hatten wir sagenhaftes
Glück, kein Regen, trocken, es war Anfang August.
Wir machten die Tour in 8 Tagen.
Der krönende Abschluss war für jeden das „Beer Bucket“ in der Lodge .
Immer wieder beeindruckend, wenn ich mir meine Filme und Bilder dazu ansehe.
Es ist in der Tat ein Abenteuer und man hat was „geleistet“. Bei dieser Tour wird Körper, Geist, Teamarbeit und Ausdauer laufend und täglich gefordert, am Ende das pure Glücksgefühl. Die Krönung.