Nachdem die wichtigen Dinge nun erledigt sind, kann ich mich ganz der Freizeit widmen. Ich mache die ersten Runden mit dem Rad quer durch Vancouver und Burnaby (der Nachbarstadt, in der ich derzeit noch wohne).
Wie schon angekuendig, sind die Radwege hier echt gut ausgebaut.
Das soll heissen, dass hier regelmaessig Strassen in Radstrassen umdeklariert wurden. Das sind also 30km/h Zonen, die aber hin und wieder kuenstliche Sackgassen eingebaut haben, sodass man als Autofahrer nicht durchkommt, als Radfahrer aber schon. Das sorgt natuerlich fuer sehr viel Ruhe auf diesen Strassen.
Einer der ersten Ausfluege war Stanley Park. Dieser sitzt am Ende von Downtown und ist vollkommen mit einem Radweg umringt, der nur in einer Richtung befahren werden darf. Sehr schoen, aber auch ein ganz schoener Tripp, wenn man ewig nicht Rad gefahren ist und allein der Weg von der Unterkunft in die Stadt 10km sind. Am Abend sind die Beine entsprechend schwer – es droht “Wohlweh” am naechsten Tag. Und so kommt es, sodass ich es etwas ruhiger angehe.
Am Freitag mache ich dann meinen ersten besonderen Ausflug – ich fahre zum Grouse Mountain und unternehme eine Schneeschuhwanderung. Die Talstation ist mit dem normalen Bus erreichbar – somit kostet mich die Anfahrt 2,20 CAD und 120 Minuten Anfahrt. Am Berg angekommen entscheide ich mich fuer einen “Spring Pass”. der Kostet 90$ und rentiert sich somit schon mit zwei Besuchen und gilt bis Saisonende –also 6. Mai. Oben am Berg angekommen schnalle ich mir meine neu erstandenen Schneeschuhe an und mache die ersten Schritte auf dem “Easy Path”. Das Wetter ist bombastisch – ein paar Wolken, aber alles trocken.
Nach einem ausgedehnten Telefonat mit den Freunden zuhause, beschliesse ich doch noch den grossen Trail in Angriff zu nehmen. Nach einiger Verwirrung finde ich auch endlich den Anfang des Trails – der wurde auf Grund von Baumassnahmen mal eben verlegt und geht nun direkt an der Skipiste entlang. Ich persoenlich halte das ja fuer einen Marketingtrick, der einen dazu bringen soll sich Ski zu leihen
Nach eine Weile geht der Trail dann wieder seinen urspruenglichen Weg. Anfangs habe ich ja noch befuerchtet, dass diese riesen Flossen einen beim Laufen behindern. Diese Angst ist aber relativ schnell weg, weil ich doch gut voran komme.
Ungefaer ab der Haelfte wird der Weg etwas abenteuerlicher und geht deutlich steiler nach oben. Jetzt zahlen sich die Schuhe richtig aus – trotz steilen Wegen die vollkommen mit Schnee bedeckt sind, rutscht man gar nicht. Die Schuhe graben sich in den Schnee und halten fest. Nach einer guten Dreiviertelstunde komme ich ans Ende des Trails. Von hier koennte ich noch weiter oder wieder zurueck. Noch waehrend ich ueberlege kommt mir eine sehr freundliche Kanadierin entgegen. Sie hat gerade den anderen Trail gemacht und ist dabei fast am Abgrund abgerutscht. Da seit ein paar Tagen hier oben knapp ueber 0 Grad sind, taut der Schnee tagsueber und gefriert in der Nacht wieder. Das macht eine sehr unschoene Konsistenz auf der Oberflaeche – der Schnee ist nass und schwer. Somit greifen die Schuhe dann doch nicht so optimal, wie sie eigentlich koennten. Nach einigem Austausch an Informationen empfiehlt mir die Dame eine kleine Alternative, damit ich zumindest eine Stelle mit richtig guter Aussicht finde. Dort wandere ich noch hin, mache Bilder und kehre schliesslich um.
Der Weg nach unten gestaltet sich nun schwieriger als der Weg hoch. Jetzt verstehe ich, was die Frau meint. Bergauf haben die Schuhe guten Gripp, bergab hingegen fast gar nicht. An einigen Stellen geht es so steil ab, dass es einfacher ist, sich auf den Hosenboden zu setzen und einfach zu rutschen. Das macht auch einen Heidenspass! Es ist nur dumm, wenn man dabei eine Jeans an hat und der Schnee – wie schon gesagt – nass ist. Aber nicht meckern – das trocknet auch schnell wieder.
An der Bergstation angekommen goenne ich mir noch einen Kaffee und mache mich dann mit der Gondel wieder auf den Weg nach unten. Auch an diesem Abend werde ich wieder gut schlafen.
Am Samstag habe ich mir dann eine groessere Runde mit dem Rad vorgenommen. Der Plan ist bis zur Universitaet zu fahren. Diese liegt – so wie es die Karte schon vermuten laesst – sehr idyllisch im Gruenen am Ende der Landzunge.
Ich fahre also mit dem Rad die 10th Avenue einmal komplett von Anfang bis Ende durch. Dabei komme ich an vielen kleinen aber feinen Haeusern vorbei – hier laesst es sich sicher gut leben. Als der Radweg endet, entscheide ich mich Richtung Strand zu fahren, da auch hier ein Radweg ausgeschildert wird. Am Stand angekommen, bin ich erstmal ein paar Minuten sprachlos. Mir eroeffnet sich hier schon wieder eine Landschaft, die einfach nur unglaublich ist.
Sonnenbadende Leute am Strand, Segler auf dem Wasser und auf der anderen Seite Berge mit Schneedecke – unglaublich! Der weitere Verlauf der Strecke ist weiter abwechslungsreich und definitiv die Fahrt wert.
An der Kreuzung Marine Drive / Cambie Street biege ich wieder ab in Richtung Heimat. Auch wenn man es auf der Karte nicht sehen kann, aber die Landzunge ist eine einzige grosse Huegellandschaft! Der Weg vom Marine Drive bis zum Queen Elizabeth Park ist steil – richtig steil! Die Qual wird mit einem Radweg “Ridge” entschaedigt, der mich bis fast vor die Haustuer bringt. Der Radweg traegt seinen Namen zurecht, da er genau ober auf dem Bergruecken verlauft. Somit hat man beste Aussicht in beide Richtungen. Zudem ist auch dieser Radweg wieder mit vielen kleinen Haeusern gesaeumt. Auch hier kann ich mir ein spaeteres Wohnen vorstellen.
Am Sonntag beschliesse ich spontan mal zu IKEA zu fahren. IKEA ist in Richmont und somit auch wieder eine kleine Reise. Unser Einzug in die Wohnung rueckt ja nun naeher- sodass es langsam Zeit wird, sich die zukuenfitge Einrichtung mal anzusehen. Es wird ja zunaechst erstmal nur ein Bett und eine Couch gebraucht. Beides haben wir uns schon im Internet zusammengesucht – aber das muss natuerlich mal in Live angesehen werden. Das war auch gut so – das Bett wird nun in braun, statt in weiss gekauft, die Couch in dunkel-, statt in hellgrau.
Da auch dieser Weg wieder mit dem Rad zu bestreiten ist, bin ich am Abend wieder entsprechend froh schlafen zu gehen.
Der Montag beginnt mit einem laengeren Telefonat mit einem Kunden. Wir sind fuer 7:00 meiner Zeit verabredet und koennen alles besprechen, was geplant war. Im Anschluss mache ich mir ein ordentliches Fruehstuek, denn heute habe ich noch grosses vor: ich will nach Jahren mal wieder Ski fahren.
Es geht also wieder mit dem Bus zum Grouse Mountain, mit dem Skyride zur Bergstation und dann zum Skiverleih. Ohne Wartezeit bekomme ich sofort Schuhe, Ski und Stoecke – auf geht’s zur Piste. Die ersten Schritte – oder wie will man das nennen – sind noch etwas unsicher. Ich kann mich kaum daran erinnern, wann ich das letzte Mal auf Ski stand, aber das ist mindestens 10 Jahre her! Entsprechend langsam fahre ich den flachen Abhang hinunter. Soviel sei aber schon verraten – ich bin den ganzen Tag nicht einmal gestuerzt! Nach ein paar Wiederholungen des flachen Abhangs traue ich mir auch eine andere Piste – eine blaue – zu. Die Pisten sind sehr leer, sodass ich niemanden mit meinem Stopp and Go behindere und auch nicht von hinten umgerast werde. Unten angekommen, stelle ich fest, dass ich diesmal nun auch an einem anderen Lift rausgekommen bin. Der hier geht nun nach ganz oben auf den Berg – wenn das mal gut geht. Ich muss da ja auch wieder runter!
Die Aussicht von ganz Oben ist ueberragend … aber seht selbst:
Auch diese Abfahrt gelingt mir, wenngleich ich schon deutlich laenger fuer das Stueck brauche – blaue Piste ist eben nicht gleich blaue Piste. Nun bin ich auf den Geschmack gekommen und fahre alle blauen und gruenen Pisten ab. Die Piste, die ich zuerst genommen hatte und dort mehr schlecht als recht gerade gefahren bin, ist nun gar kein Problem mehr. Ich traue mir deutlich mehr Geschwindigkeit zu, sodass es jetzt richtig Spass macht.
Wie man auf den Bilder sehen kann, sind die Pisten auch ziemlich leer. Es macht als Wiederanfaenger richtig Spass, weil man nicht staendig in alle Richtungen gucken muss, ob man jemandem in den Weg faehrt. Diese Chance scheinen auch andere erkannt zu haben und ueben sich auch im Ski- oder Snowboardfahren. Das gibt mir die Gelegenheit bei den Snowboard-Anfaengern zu spicken, wie die sich so anstellen. Das will ich bald auch mal austesten.
Nach 17 Uhr beginnt es hier oben an vielen Stellen schon wieder recht schattig zu werden. Konsequenterweise wird der angetaute Schnee jetzt wieder zu Eis. Sprich das Bremsen wird schwieriger. Ausserdem laesst bei mir auch langsam die Kraft nach. Die Tage davor das viele Radfahren und heute 90% der Zeit mit angespannten Oberschenkeln fordern ihren Tribut. Ich freue mich jetzt schon auf den Tag morgen.
Ich fahre mit der Gondel wieder zurueck nach unten und steige dann in den Bus nach Hause. Noch im Bus schmiede ich Plaene fuer meinen ersten Tag mit Snowboard. … Lasst euch uerraschen!
PS: Falls euch die seltsame Schreibweise stoert: Fragt mich mal. Ich habe aber jetzt beschlossen, meinen Rechner auf die amerikanische Tastatur umzustellen, um so langsam an die neue Tastatur gewoehnt zu werden. Glaubt mir – das ist beim Schreiben schlimmer, als beim Lesen.
5 replies on “Life-Life-Balance”
Bitte denkt dran, dass die Couch auch ausklappbar ist!!!
Ist sie, keine Sorge. Das war oberstes Kriterium.
WOW, da komm ich ja aus dem Staunen gar nicht mehr raus !!
Erst Tilo und jetzt auch Du – Ihr seid ja richtige Actionhelden !!!
Du trinkst Kaffee ??
Viel Erfolg auch bei den Einkäufen, wie kommen die denn zu Euch !?
Liebe Grüsse
Na so weit wuerde ich jetzt nicht gehen, aber das macht hier schon ganz schoen Spass alles. Gestern war ich dann auch auf dem Snowboard unterwegs… das macht sogar noch mehr Spass… ich muss aber gestehen, dass ich gestern am Anfang mehr im Schnee gesessen oder mit dem Bauch drin gelegen habe, als dass ich auf dem Brett stand. Zum Ende hin ging es dann aber schon recht gut – nur dass ich jetzt Muskelkater habe 🙂 Das ist aber ok so.
Die Einkaufe bekommen wir mit einem Transporter nach Hause. Das habe ich schon organisiert. Und ja, den Kaffee goenne ich mir hier das ein oder andere Mal. Meist, weil man dort auch auf Toilette gehen kann, auf dem Berg war es aber eher das Beduerfnis mich dort in die Sonne setzen zu wollen und was warmes zu trinken. 🙂
Alter Schwöde,
nach Zeit lassen und alles in Ruhe erkunden hört sich das ja nicht gerade an 😉
Auch aus der Ferne bzw. auf den Bildern sieht die Landschaft überwältigend aus. Euer beider Schreibweise der Abenteuerdokumentation gefällt mir ausgesprochen gut. Vielleicht kommt ja mal ein Buch heraus.
Zumindest könnt Ihr Euer Talent nutzen, um alle Zurückgebliebenen nachhaltig davon zu überzeugen, wie gut diese Entscheidung war.
Und vielleicht kann man sich später auch mal live davon überzeugen 🙂
Viele Grüße
p.s. üÜäÄöÖ … als kleines Andenken dalass 😉